Therapeutischer Garten

Depression – Krankheit oder Symptom?

Sep. 30, 2025 | Allgemein

Depression ist eine der häufigsten psychischen Belastungen unserer Zeit. Viele Menschen erleben im Laufe ihres Lebens depressive Verstimmungen: Phasen, in denen die Stimmung gedrückt ist, der Antrieb fehlt und das Leben schwer erscheint. Bei manchen gehen diese Phasen vorüber. Andere jedoch bleiben in einem Zustand von Niedergeschlagenheit, Sinnlosigkeit und innerer Leere gefangen – oft über Wochen, Monate oder sogar Jahre hinweg. Dann spricht man von einer Depression im klinischen Sinn.

 

Typische Symptome und Klassifizierung

Depressionen zeigen sich in wiederkehrenden Mustern: Niedergeschlagenheit, Interessenverlust, Antriebslosigkeit, Schuldgefühle, Schlaf- und Konzentrationsstörungen. Auch körperliche Symptome wie Appetitlosigkeit, Schmerzen oder Erschöpfung sind häufig.
In der Medizin wird unterschieden zwischen leichten, mittleren und schweren Depressionen. Außerdem wird differenziert zwischen einer depressiven Episode – die zeitlich begrenzt sein kann – und einer rezidivierenden oder chronischen Depression, die über lange Zeiträume hinweg andauert.

Aus dieser Perspektive ist Depression ein eigenständiges Krankheitsbild, das in Klassifikationssystemen wie ICD oder DSM erfasst und mit Medikamenten und Psychotherapie behandelt wird.

 

Depression als Ausdruck von etwas Tieferliegendem

Doch Depression lässt sich nicht nur als Krankheit verstehen. Aus einer tieferen, psychodynamischen oder traumatherapeutischen Sicht kann sie auch ein Symptom sein – ein Hinweis darauf, dass im Inneren etwas ungelöst geblieben ist.

  • Unverarbeitete Trauer: Wenn Verluste nicht betrauert werden können, „frieren“ Gefühle oft ein. Statt lebendiger Trauer entsteht eine bleierne Schwere.
  • Blockierte Lebendigkeit: Manche erleben Depression als ein Gefühl, innerlich „abgetrennt“ oder „erstarrt“ zu sein – oft eine Folge von traumatischen Erfahrungen, in denen Rückzug und Abschalten Schutz bedeuteten.
  • Innere Konflikte: Unterdrückte Wut, nicht gelebte Bedürfnisse oder ungelöste Beziehungsmuster können ebenfalls in depressive Symptome münden.

In diesem Verständnis ist Depression kein „Fehler im System“, sondern ein Signal, das auf etwas verweist, das gesehen und integriert werden möchte.

 

Gesellschaftliche Einflüsse

Darüber hinaus sind Depressionen auch ein Spiegel unserer Zeit. Leistungsdruck, ständige Erreichbarkeit, Unsicherheit im Beruf, zunehmende Vereinzelung – all das prägt unsere seelische Verfassung. In einer Gesellschaft, die oft Effizienz und Funktionieren höher bewertet als Empfindsamkeit und Ruhe, kann es schwerfallen, mit inneren Krisen gesund umzugehen.

So lässt sich Depression auch verstehen als Symptom gesellschaftlicher Erkrankungen: als Ausdruck einer Kultur, die wenig Raum für echte Regeneration, Sinnsuche und Verbundenheit lässt.

 

Krankheit und Symptom

Die Frage, ob Depression nun eine eigenständige Krankheit oder ein Symptom ist, lässt sich also nicht eindeutig beantworten. Sie ist beides:

  • Für die Medizin ein klar umrissenes Krankheitsbild mit Diagnosekriterien.
  • Für die Psychotherapie und das persönliche Erleben zugleich ein Hinweis auf tieferliegende seelische oder gesellschaftliche Prozesse.

Wer Depression verstehen will, muss deshalb das Gesamtbild betrachten: die individuelle Biografie, mögliche traumatische Erfahrungen, körperliche Gesundheit und die Einflüsse der Umwelt.

 

Fazit

Depression ist mehr als nur ein klinisches Etikett. Sie ist ein vielschichtiges Phänomen – manchmal eine Krankheit, manchmal ein Symptom, oft beides zugleich. Entscheidend ist, sie nicht auf eine Definition zu reduzieren, sondern sie als Signal ernst zu nehmen: ein Hinweis darauf, dass etwas in unserem Inneren oder in unserem Leben nach Aufmerksamkeit verlangt.